Text: Melina Araktsidou

Henrike Damm ist 24 Jahre alt und studiert zurzeit im siebten Semester Internationale Betriebs- und Außenwirtschaft an der Hochschule Worms. Ihren Erasmus+ Aufenthalt absolviert sie gerade in der spanischen Hauptstadt Madrid bei BICG (Business Innovation Consulting Group), ein Unternehmen das auf „New Ways of Working“ spezialisiert ist.

David Perez ist 23 Jahre alt und studiert zurzeit im sechsten Semester Journalismus an der Universidad Jaume I in Valencia. Sein Erasmus Jahr absolviert der Spanier zurzeit an der Hochschule Darmstadt am Fachbereich Media.
Erasmus ist für viele Studenten ein Traum. Es können neue Erfahrungen gesammelt und neue Kulturen erkundet werden. Henrike, Studentin aus Worms, macht zurzeit ein Auslandssemester in Madrid und David, Student aus Valencia, eins in Darmstadt. Uns haben sie ein paar Fragen zu ihrem Aufenthalt in den jeweiligen Ländern beantwortet.
Wieso hast du dich für einen Erasmusaufenthalt entschieden?
Henrike: Es ist von meinem Studium vorgesehen, ein Praktikum im Ausland zu machen. Da ich in Zukunft im Ausland arbeiten möchte und gerne neue Länder kennenlerne, habe ich mich dafür entschieden. Spanien habe ich vor allem wegen der Kultur und den Menschen hier gewählt. Außerdem möchte ich unbedingt Spanisch fließend sprechen können. Auch das Wetter ist ein Grund wieso ich hier bin.
David: Ich denke, es ist eine große Chance, die jeder Student wahrnehmen sollte, weil es möglich ist an einer anderen Universität zu studieren, neue Leute kennenzulernen und mehr unabhängig zu sein. Und natürlich kann man viel feiern gehen.
Und wie lange dauert euer Erasmus Aufenthalt?
Henrike: Ich bin jetzt seit Februar hier. Mein Praktikum war nur für ein halbes Jahr vorgesehen. Ich habe aber verlängert und jetzt geht mein Erasmus+ Aufenthalt ein Jahr.
David: Ein Jahr, von September bis Juli.

Was gefällt euch an euren Gastländern besonders, auch in Bezug auf die Mentalität und Kultur?
Henrike: Mir gefällt besonders die Gelassenheit und Offenheit der Menschen hier in Spanien. Verglichen zu Deutschland ist hier alles nicht so streng. Allein wie sich die Menschen hier begrüßen (Backenkuss links rechts) zeigt schon wie offen hier jeder ist. Auch die Tage wirken hier viel länger, da alles eher am Abend stattfindet und man auch erst um 9 Uhr morgens anfängt zu arbeiten. Auch um 11 Uhr Abends ist hier unter der Woche noch die Hölle los und es gibt immer etwas zu unternehmen. Außerdem gefällt mir an Spanien (vor allem an Madrid), dass du mit dem Auto innerhalb von wenigen Stunden am Meer bist und viele verschiedene Orte sehen kannst. Und alle Geschäfte sind täglich, auch sonntags, bis 10/11 Uhr geöffnet.
David: Was ich am meisten an Deutschland mag ist, dass es hier so grün ist, wegen dem Wetter. Ich komme aus Valencia, einer Region wo es nicht so viel regnet. Deswegen mag ich es hier. Ich denke, dass die Deutschen sehr entspannt und ruhig sind, und ich mag das, weil wir in Spanien immer viel zu gestresst sind.
Wie habt ihr euch auf euren Aufenthalt vorbereitet? Welche Vorkehrungen habt ihr getroffen?
Henrike: Eigentlich habe ich nicht viel Vorkehrungen getroffen. Das einzige was ich wirklich gemacht habe, war eine Krankenversicherung abzuschließen. Den Rest, wie Wohnungssuche, habe ich dann vor Ort gemacht.
David: Das ist der schwierigste Teil an einem Erasmus Aufenthalt. Du musst dich für dein Wunsch-Land bewerben, doch es hängt stark von deinen Noten ab. Das entscheidet, ob du angenommen wirst oder nicht, weil es quasi ein Wettbewerb ist. Je besser deine Noten sind, desto größer sind deine Chancen. Du musst auch eine „Lern-Vereinbarung“ machen und Vorlesungen finden, die du mit deinen verrechnen kannst, sodass du deine 60 Credit Points erreichst.
Wie verlief die Wohnungssuche?
Henrike: Ich habe mich erst nach einer Wohnung umgeschaut als ich hier war, da ich die Möglichkeit hatte, solange bei jemandem unterzukommen. Ich habe online auf der idealista Seite nach einer WG geschaut und das ging dann auch ziemlich schnell. Ich konnte direkt eine WG besichtigen, die für mich dann auch okay war und ich hatte abends schon den Mietvertrag. Wenn man Glück hat und einer der ersten ist, geht das hier alles ziemlich schnell. Bei der 2. Wohnungssuche hat es dann ca. 1-2 Wochen gedauert aber da haben wir dann auch zu 2. eine komplette Wohnung gesucht, das ist dann etwas schwieriger.
David: Die Universität in Darmstadt hat mir im ersten Semester geholfen eine Wohnung zu suchen. Für das zweite Semester musste ich mich selbst darum kümmern. Ich habe mich durch das Studierendenwerk für eine Wohnung beworben und auch eine bekommen.
Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten?
Henrike: Von den Lebensmitteln her, würde ich sagen, ist es genau wie in Deutschland auch, mir sind noch keine besonderen Unterschiede aufgefallen. Eventuell das Obst ist etwas günstiger. Was Restaurants betrifft, gibt es hier eigentlich alle Preisklassen. Wohnungen sind vor allem hier in Madrid sehr teuer, wenn du mehr zentral wohnen möchtest. Sehr teuer sind auch die Clubs mit dem Eintritt und die Longdrinks, da zahlt man bestimmt doppelt so viel. Was ich als besonders günstig ansehe sind die Transportkosten hier. Ich zahle für ein Monat z.B nur 20€ für die Metrokarte und kann damit sogar in Städte fahren die ca. eine Stunde entfernt sind.
David: Deutschland ist definitiv teurer als in Spanien. Bei uns ist alles viel billiger, z.B das Essen, die Kleidung, die Miete, die Getränke…
Ist die Landessprache eine Voraussetzung für ein Erasmus Aufenthalt?
Henrike: Es ist nicht unbedingt eine Voraussetzung, es geht auch ohne. Ich hatte Glück, dass ich ein Praktikum gefunden habe, wo ich im deutschen Team bin und somit kein Spanisch brauche. Im Alltag ist es dann schon etwas mühselig, da man hier nicht so wie in Deutschland Englisch spricht. Also viele in meinem Alter können sich nicht einmal richtig auf Englisch unterhalten. Ich habe am Anfang einen Spanisch Kurs gemacht für ein halbes Jahr, der mir aber nicht viel gebracht hat, da ich durch die Vollzeitstelle keine Zeit hatte, zu wiederholen. Jetzt versuche ich wenigstens einmal die Woche durch den OnlineKurs, den ich durch Erasmus+ kostenlos zur Verfügung gestellt bekomme, etwas Spanisch zu lernen. Das meiste habe ich aber einfach durch den Alltag und die Arbeit aufgegriffen.
David: Manche Studiengänge brauchen Deutsch um hier zu studieren. Ich habe nur ein Englisch Niveau von B2 gebraucht.
Wie sieht eure Freizeitgestaltung aus, worin unterscheidet sie sich zu eurem Heimatland?
Henrike: Am Anfang war ich sehr viel unterwegs. Jetzt hat die Arbeit an meiner Thesis angefangen und es ist etwas ruhiger geworden. Wie oben schon erwähnt, ist der größte Unterschied zu Deutschland, dass das Leben hier eher in der Nacht stattfindet. In Deutschland bin ich nach der Arbeit oder Uni nach Hause und habe nicht mehr viel gemacht, weil es in meiner Stadt auch nicht wirklich die Möglichkeit gibt, viel zu unternehmen. Hier kannst du auch mal nach der Arbeit um 6 Uhr noch ein paar Stunden shoppen gehen.
David: Ich mache viel Sport, treffe mich mit meinen Freunden und schau viele Filme. Es gibt aber zwei große Unterschiede: Ich lebe hier ohne meine Eltern und der Unterricht ist viel kürzer als in Spanien, also habe ich mehr Freizeit und ich kann jedes Wochenende feiern gehen.
Könnt ihr anderen Studenten Erasmus empfehlen?
Henrike: Ich kann es nur empfehlen!! Hauptsächlich wegen der Kultur und der Menschen und einfach allgemein wegen dem Leben hier. Klar empfindet das vielleicht jeder anders, aber ich zum Beispiel sehe mich eher in einem Land, wo alles viel lockerer ist und nicht so geregelt. Und jedem, der gerne eine weitere Fremdsprache erlernen möchte: Spanisch ist perfekt dafür, da es eine Sprache ist, die man leicht erlernen kann.
David: Ja, weil Deutschland und Spanien nicht so weit von einander entfernt sind und diese zwei Länder viel gemeinsam haben. Da bekommt man nicht so einen großen Schock, wenn man von so weit von Zuhause weg ist.
Gibt es auch Nachteile?
Henrike: Ein Nachteil ist, dass es schwer ist, sich hier auf Englisch zu verständigen und es manchmal sehr nervig sein kann, wenn du nicht wirklich das sagen kannst was du möchtest. Auch wenn ich mit meiner Freundin mal mitgehe ist es manchmal schwer sich im Gespräch einzubringen, wenn nur Spanisch gesprochen wird. Wenn ich formelle Dinge klären muss oder mal zum Arzt muss, muss ich auch immer jemanden fragen, ob er mich begleiten kann, damit es am Ende keine Probleme gibt. Was auf Dauer auch ein Nachteil für mich ist, ist, dass hier der Mindestlohn bzw. das Durchschnittsgehalt viel geringer ist als in Deutschland. Aber für jetzt, wo ich sowieso erst mal nur Erfahrungen sammeln möchte und schauen möchte, in welcher Richtung ich tätig sein werde, ist es okay. Ein weiterer Nachteil sind auch die hohen Mietkosten wenn du wirklich zentral wohnen möchtest.
David: Das Wetter und das Essen.
In einem Satz: Erasmus im Gastland bedeutet mir sehr viel, weil ich die Möglichkeit habe… ?
Henrike: … über den Tellerrand zu schauen, neue Erfahrungen zu sammeln, neue Menschen kennenzulernen und über mich hinauszuwachsen.
David: … neue Menschen kennenzulernen und selbstständiger zu sein.



