Text: Ilona Youssef
Die Filme „L´auberge espagnole“ und „Júlia Ist“ erzählen von zwei ganz verschiedenen Menschen, doch ihre Geschichten haben eine wichtige Parallele: Beide entschließen sich, mit dem Erasmus-Programm ein Semester in einem fremden Land zu verbringen.
Das Wort „Erasmus“ lässt einen an mehrere Dinge denken: An fremde Kulturen und Sprachen, Universitäten – und noch viel wichtiger: an Partys bis zum Morgengrauen. Realistisch gesehen ist es aber nicht ganz so, denn niemand kommt in ein fremdes Land und hat vom ersten Moment an die Zeit seines Lebens. Im Gegenteil, oft ist es zu Beginn viel schwieriger als gedacht. Auch der 21-jährigen Júlia aus Barcelona geht es im Film „Júlia ist“ nicht anders. Für ihr Architekturstudium zieht sie für ein halbes Jahr nach Berlin. Hier kommt sie erst in einer WG unter und versteht sich mit ihrer Mitbewohnerin nicht. Mit der Uni scheint es auch nicht direkt gut zu laufen. Ihre fehlenden Sprachkenntnisse und die Kulturunterschiede machen es ihr schwer, sich in ihr neues Leben einzufinden und wohlzufühlen. Sie fühlt sich unbeholfen und einsam.

Filmtitel: Júlia ist
Laufzeit: 90 min.
Von: Elena Martín
Mit: Elena Martín, Oriol Puig (II), Paula Knüpling
Spieljahr: 2017
Produktionsland: Spanien
Genre: Drama
Sprachen: Spanisch, Englisch, Deutsch
Nachdem sie beschließt sich einigen Kontakten gegenüber zu öffnen, lernt sie neue Menschen kennen und schließt Freundschaften. Ihr Leben in Berlin beginnt sich zu ändern: Sie sucht sich eine neue WG mit Freunden, schließt sich einem Architekturprojekt an und beginnt den typischen Berliner Lifestyle zu genießen. Während dieser Phase erlebt sie Höhen und Tiefen und schließt die Stadt Berlin in ihr Herz.
„L´auberge espagnole“ bedeutet so viel wie ein buntes Durcheinander, und genau das erlebt auch Xavier aus Frankreich in Barcelona. Für sein Wirtschaftsstudium sind Spanischkenntnisse Voraussetzung. Daher entscheidet er sich für ein Erasmussemester in Spanien, um sich die Sprache so schnell wie möglich anzueignen. Nach dem er sich mit der Organisation und Bürokratie für das Erasmussemester zunächst komplett überfordert fühlt, läuft es in Spanien für ihn viel entspannter. Am Flughafen lernt er ein französisches Ehepaar kennen und kommt bei ihnen unter, und nach ein paar Wochen zieht er in eine internationale WG. Hier leben britische, deutsche, italienische, spanische und dänische Studenten unter einem Dach. Xavier fühlt sich vom ersten Moment an wohl und erlebt eine unvergessliche Zeit mit seinen neuen Freunden.

Filmtitel: L´auberge espagnole
Laufzeit: 120 min.
Von: Cédric Klapisch
Mit: Romain Duris, Audrey Tautou
Spieljahr: 2003
Produktionsland: Frankreich
Genre: Komödie
Sprachen: Französisch, Spanisch, Englisch
Beide Filme zeigen, dass angehende Erasmusstudenten kurz vor der Abreise von Zweifel befallen werden. Sie fragen sich, ob sie wirklich die richtige Entscheidung getroffen haben und hoffen, diese nicht später zu bereuen. Sowohl Júlia als auch Xavier reißen sich aus ihrem bekannten Umfeld und müssen sich in einer neuen Welt zurechtfinden. Während sie versuchen, ein neues Leben aufzubauen, werden sie immer wieder mit ihren Beziehungen aus der Heimat konfrontiert. Die alten Freunde sind unzufrieden und fürchten den Zugang zu ihnen zu verlieren, was sich in beiden Fällen auch bestätigt. Durch das Semester entdecken beide neue Seiten an sich und können mit ihren alten Beziehungen keine weitere Zukunft sehen. Beide versuchen mit ihren Partnern durch Briefe und Skype den Kontakt zu erhalten, doch fühlen sie sich durch ihr neues Leben verändert und nicht mehr wie der Mensch zuvor.
Trotz der vielen Gemeinsamkeiten ist ein deutlicher Unterschied zwischen beiden Filmen zu erkennen: L´auberge espagnole setzt auf Unterhaltung und Comedy. Für Xavier läuft am Zielort von Anfang an alles wie im Bilderbuch und er erlebt eine verrückte Zeit, die ihn an seine vergessenen Lebensträume erinnert. Das Drama „Júlia ist“ ist hingegen weitaus authentischer und realistischer. Júlia erlebt in einem halben Jahr eine komplett neue Seite an sich und muss über ihren eigenen Schatten springen, um die schönen Seiten einer fremden Kultur kennen zu lernen. Am Ende nimmt sie vor allem Fernweh und Eigenständigkeit mit nach Hause. Außerdem setzt der Film auch stilistisch sehr auf Júlias Emotionen.
Die Realität sieht ähnlich aus. Die Wohnsituationen in Studentenstädten und Verständigungsschwierigkeiten sind immer kritische Punkte für ausländische Studenten. Daher gilt es zu lernen, sich so gut es geht an das neue Land zu gewöhnen und Kontakte zu knüpfen. Auf sich allein gestellt, kommt niemand weit. Natürlich ist nicht alles so wie Zuhause und daher ist es auch wichtig, für sich Alternativen zu finden, mit denen man sich anfreunden kann. Solange man das Beste draus für sich selbst macht, kann das Semester im Ausland eine bereichernde Erfahrung werden.